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Kanton AR
16.02.2022

Initiative mit 1’289 Unterschriften eingereicht

Im Bild von links: Edgar Bischof, Jean-Claude Kleiner, Ueli Frischknecht, Siegfried Dörig, Marcel Walker, Jürg Aemisegger, Thomas Frey (Leiter Rechtsdienst Kanton AR). Bild: zVg.
Die IG «Selbstbestimmte Gemeinden» hat ihre Initiative unterstützt von 1’289 stimmberechtigten Einwohnerinnen und Einwohnern eingereicht. Ihr Anliegen, dass Gemeinden in Appenzell Ausserrhoden selber über Fusionen bestimmen können, hat auf breiter Ebene Verständnis und Unterstützung gefunden.

Initiativkomitees «Selbstbestimmte Gemeinden» nimmt Stellung:
Der am 6. Januar 2022 lancierten Initiative für «Selbstbestimmte Gemeinden» ist es ein grosses Anliegen, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger selber darüber befinden können, ob sie mit einer bzw. mehreren anderen Gemeinden im Kanton fusionieren oder eigenständig ihre Zukunft erfolgreich gestalten wollen. So lautet der Initiativtext: «Für den Zusammenschluss von Gemeinden ist die Zustimmung der Stimmberechtigten jeder betroffenen Gemeinde erforderlich». Dies im Gegensatz zum Vorhaben der Regierung, die im Rahmen einer kantonalen Abstimmung die heutige Gemeindevielfalt auf nur noch vier Gemeinden reduzieren will; Herisau, Vorderland, Mittelland, Hinterland. Dies will sie mittels Zwangsfusionen erreichen. Dabei werden wie in einer Planwirtschaft auf dem Reissbrett vier Gemeinden konstruiert, deren Einwohnerinnen und Einwohner sich wohl nicht nur fremd, sondern auch durch Schluchten oder Hügelzüge voneinander getrennt sind. So liegen etwa die Dörfer in der geplanten Gemeinde Vorderland nicht nur kilometerweise auseinander, sondern haben auch eine völlig andere Orientierung. Die einen sind ins Rheintal, die anderen nach Trogen oder gar nach St.Gallen ausgerichtet. Die Regierung betrachtet die Gemeinden nicht als «lebendige und wertvolle Gemeinschaften von Menschen, sondern als tote Verwaltungskörper». Ihr Blick ist nicht auf die Bedürfnisse und das Wohl der Menschen, sondern auf die scheinbare Effizienz der Verwaltung gerichtet. Doch Gemeinden sind mehr als Verwaltungseinheiten. Es sind Gemeinschaften von Menschen, die miteinander ihren Wohn- und Lebensraum gestalten und entwickeln. Dazu übernehmen diese Verantwortung und engagieren sich vielseitig in Behörden und Vereinen für das Gemeinwohl. Die geplanten Zwangsfusionen passen nicht in unsere Appenzeller Kultur, in der Respekt und Rücksicht, aber auch das Milizsystem wichtige Träger sind.

Finanzielle Konsequenzen – Steuerfuss Teufen plus 22%

Die Regierung verharmlost die finanziellen Konsequenzen ihrer Fusionsanstrengungen. Sie geht in der finanzkräftigen Gemeinde Teufen davon aus, dass der Steuersatz lediglich um 10% ansteigen würde (vgl. Appenzeller Tagblatt, 22. Mai 2021) und rechnet mit einem Steuersatz für die geplante Gemeinde Mittelland von 3.1. Basis ihrer Berechnungen bilden dabei die Steuereinheiten, was als falsch bezeichnet werden muss. Steuereinheiten sind teils technische, teils politische Grössen. Entscheidend ist die Steuerkraft. Diese betrug im Jahre 2020 in Teufen Fr. 4'542.- pro Kopf und würde in der geplanten Gemeinde auf Fr. 3'771.- pro Kopf sinken (vgl. Gemeindestatistik Kanton Appenzell Ausserrhoden 2020). Die Steuerkraft schrumpft damit in der fusionierten Gemeinde enorm und würde nur noch einen Steuerfuss von ca. 3.3 Einheiten erlauben. Die Steuern in Teufen würden also um ca. 22% ansteigen.

Bild: zVg.

Die Berechnungen zeigen, dass die Regierung viel zu optimistische Annahmen getroffen hat. Die Differenz mit Kosteneinsparungen zu erklären, greift zudem nicht. Im Gegenteil; bei den fusionierten Gemeinden entstehen aufgrund der Grösse neue Bedürfnisse im Bereich von Behörden und Verwaltung. So gilt es nicht nur das teils ausgeprägte operative Engagement der heutigen Gemeindebehörden durch kostspielige Verwaltungsangestellte zu übernehmen, sondern auch zusätzliche Stellen für Kommunikation, Personalwesen usw. zu schaffen. Es wären zudem Einwohnerräte zu installieren, die erfahrungsgemäss inkl. der Mehrarbeit in der Verwaltung ca. Fr. 250'000.- kosten dürften. Die heutigen dezentralen Gemeindehäuser würden von einer zentralen Verwaltung mit entsprechenden Kostenfolgen abgelöst usw. Eine Studie der Universität St.Gallen zeigt, dass Gemeindefusionen zu keinen Kosteneinsparungen führen. Zum gleichen Ergebnis kam auch die Analyse der grossen Strukturreform im Kanton Glarus. Das geplante Modell der Regierung führt also nicht zu gewünschten Kosteneinsparungen, um ihren prognostizierten Steuerfuss zu rechtfertigen. Längerfristig ist davon auszugehen, dass sich die interessanten Steuerzahler in Teufen neu orientieren. Dies würde die Finanzkraft unseres Kantons massiv schmälern und insgesamt zu Steuererhöhungen führen. Dies kann weder im Interesse unseres Kantons noch der Gemeinden sein.
Zusammenfassend hat die Regierung wohl eine Vision skizziert, doch bei näherer Betrachtung schmelzen die Argumente wie der Schnee in der Frühlingssonne. Es gilt deshalb die Initiative «Selbstbestimmte Gemeinden» zu unterstützen. Sie fördert Gemeindefusionen, respektiert aber deren Recht auf «Selbstbestimmung». Zwangsfusionen, wie von der Regierung vorgeschlagen, passen nicht in unsere politische Kultur.

Komitee "Selbstbestimmte Gemeinden"