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01.12.2022

Fehlende Gewaltenteilung bei Geschwindigkeitsreduktionen

Mit dem Argument "Lärmschutz" hat die Kapo die Höchstgeschwindigkeit in Stein reduziert. Nach Abklärungen zu diesem Fall musste das Tiefbauamt einräumen, dass der technische Bericht falsch war und gar keine Lärmschutzgründe vorliegen. Die Kapo hält trotzdem an der Absenkung fest und führte genau auf diesem Abschnitt Geschwindigkeitskontrollen durch, büsste fast 4000 Autofahrer und nahm mindestens 160'000 Franken ein. Bild: Google Streetview/mapillary(mcliquid)/Symbolbild Stapo SG/Toggenburg24
Zwei schludrige Verkehrsanordnungen im Toggenburg haben die Politik auf den Plan gerufen. Dazu hat die SVP-Fraktion eine Interpellation im Kantonsrat eingereicht (im Wortlaut unten). Sie kritisiert die fehlende Gewaltenteilung bei Geschwindigkeitsreduktionen. Die aktuelle Praxis öffne Tür und Tor für Willkür und Missbrauch.

Interpellation 51.22.124

Bis im Jahr 1993 ordnete das damalige Justiz- und Polizeidepartement gemäss Art. 20 Bst. a EV-SVG dauernde Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten an. Seit diese Bestimmung im Jahr 1993 aufgehoben wurde, wird diese Aufgabe durch das Polizeikommando wahrgenommen. Gleichzeitig ist die Kantonspolizei auch für Geschwindigkeitskontrollen zuständig. Im Sinne der Gewaltenteilung erachtet es die SVP-Fraktion als äusserst problematisch, wenn die gleiche Behörde sowohl für die Festsetzung der Höchstgeschwindigkeiten als auch für deren Kontrolle zuständig ist. Ein solches Vorgehen öffnet Tür und Tor für Willkür und Missbrauch.

Die Kantonspolizei verlässt sich bei Geschwindigkeitsreduktion häufig auf die technischen Berichte des Tiefbauamtes. Zwei Fälle im Toggenburg zeigen, dass diese Berichte durch die Kantonspolizei offenbar nicht zufriedenstellend überprüft werden. So wurde die Reduktion der Höchstgeschwindigkeit auf der Umfahrung Ebnat-Kappel im Bericht unter anderem mit fehlenden Überholsichtweiten begründet, obwohl bereits seit mehreren Jahren eine Sicherheitslinie das Überholen auf der ganzen Strecke verbietet. Auch in Stein beinhaltete ein Bericht die Reduktion der Geschwindigkeit aufgrund des Lärmschutzes. Nach Abklärungen zu diesem Fall musste das Tiefbauamt einräumen, dass der technische Bericht falsch war und gar keine Lärmschutzgründe vorliegen.

Diese Beispiele werfen den Verdacht auf, dass der Interessenskonflikt der Kantonspolizei zwischen der Festsetzung von Höchstgeschwindigkeiten und möglichen Ordnungsbusseneinnahmen durch Geschwindigkeitskontrollen eine kritische Überprüfung der technischen Berichte verhindert.

Wir bitten die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Aus welchen Gründen wurde die Kompetenz zur Anordnung von dauernden Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten vom damaligen Justiz- und Polizeidepartement auf die Kantonspolizei übertragen?

2. Durch welche Massnahmen will die Regierung in Zukunft sicherstellen, dass die Kontrolle der technischen Berichte durch die Kantonspolizei verbessert werden kann?

3. Teilt die Regierung die Ansicht, dass bei der Kantonspolizei diesbezüglich ein Interessenskonflikt vorliegt?

4. Ist die Regierung bereit, die Zuständigkeiten im Bereich der Festsetzung von Höchstgeschwindigkeiten zu überdenken?

5. Ist die Regierung bereit, die erwähnten Geschwindigkeitsreduktionen in Ebnat-Kappel und Stein nochmals zu überprüfen?»

SVP-Fraktion/Toggenburg24