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Wirtschaft
24.12.2022
31.12.2022 10:15 Uhr

Börsen vor Weihnachten knapp gehalten

Christopher Chandiramani zieht Bilanz: «Rückblickend gesehen war das Börsenjahr 2022 aussergewöhnlich schlecht». Bild: Linth24
Zinsschock der Vorwoche sitzt tief; Erklärungen der Notenbanken liessen aufhorchen. Das Inflationsgespenst kreist hartnäckig über den Börsen, bremst die Anleger und geopolitisch könnte die Lage besser sein.

Kurz vor den Feiertagen war der volumenmässig ausgedünnte Börsenhandel auf Trendsuche. Die Zinsängste halten an, Energie bleibt knapp und teuer. Die Arbeitsmarktdaten sind robust, tiefe Arbeitslosigkeit infolge Fachkräftemangel in den meisten Sektoren.

Der ukrainische Präsident Selenskyj reiste überraschend in die USA, traf US-Präsident Biden und hielt Reden vor dem Kongress. Diskutiert wurden vor allem Wiederaufbau nach dem Krieg, aber auch Militärhilfe.

Nach den Lockerungen der Corona-Massnahmen hat China offenbar wieder stark steigende Fallzahlen, welche das Gesundheitssystem stark belasten.

Nicht nur Twitter und Facebook schrumpfen, allein in diesem Jahr fanden weltweit über 120'000 Entlassungen im Technologiesektor in über 780 Unternehmen statt. Der Strukturbruch ist voll im Gang.

Bezüglich des EU-Korruptionsskandals wurde die Untersuchungshaft verlängert. Die ehemalige Vizepräsidentin Eva Kaili bleibt voraussichtlich noch einen Monat in Haft.

Die USA leidet unter einem starken Wintereinbruch, einem «kalten Bombenzyklon». Dies hat Auswirkungen auf Verkehr und Transport, insbesondere den Flugverkehr. Auch Teile Japans liegen unter einer dicken Schneedecke, während in Europa die Temperaturen aussergewöhnlich mild sind.

Rohöl hat sich wieder verteuert. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Freitag USD 82.47.

Unternehmensmeldungen

Die Medienkonzern TX Group (Herausgeberin Tages-Anzeiger und 20 Minuten) baut ihr Aussenwerbungsgeschäft aus. Sie übernimmt die Nummer zwei im hiesigen Markt, den Clear Channel Schweiz.

Der Warenprüfkonzern SGS beendet sein Aktienrückkaufprogramm. Es wurden knapp 113'500 Aktien für eine Gesamtsumme von CHF 250 Mio. (entspricht rund 1.51 Prozent des Grundkapitals) zu einem Durchschnittspreis von CHF 2.202.70 Franken zurückgekauft.

Der Online-Reisekonzern Lastminute. zahlt CHF 29 Mio. zurück. Es ging um angeblich zu Unrecht bezogene Corona-Nothilfegelder für Kurzarbeit.

Zulassung bei Pharmakonzern: Roche darf sein Medikament Evrysdi in der Schweiz künftig bei Säuglingen ab dem Alter von 16 Tagen einsetzen (gegen Muskelschwund).

Partners Group steigt bei Breitling (Uhren) ein, erhöht die Beteiligung und löst die CVC Gruppe als Hauptaktionärin ab.

Der Handyanbieter Mobilezone ist auf Einkaufstour, hat für CHF 26 Mio. investiert und akquiriert (SIGA in Deutschland, DR in der Schweiz). Das Management plant eine Dividendenerhöhung.

Beim Milchverarbeiter Emmi tritt der amtierende CEO Urs Riedener nach 14 Jahren per Ende 2022 zurück. Er hat den Konzern stark internationalisiert. Der Auslandumsatz beträgt nun 60 Prozent.

Lindt & Sprüngli hat gemäss Pressemeldungen Food Waste in Deutschland zugegeben, Schokolade vernichtet zu haben, um das Angebot zu verknappen und die Preise hoch zu halten.

Rückblick und Aussichten

Rückblickend gesehen war das Börsenjahr 2022 aussergewöhnlich schlecht. Der Aktienindex SMI ermässigte sich um knapp 17 Prozent. Die Pensionskassen verloren grosse Teile ihrer Reserven, die Nationalbank dürfte auf ihren Aktivbeständen einen 100-Millardenverlust ausweisen. Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Inflation, Energieverknappung, Lieferengpässe, Zinserhöhungen der Notenbanken und Krieg waren die Hauptursachen der Baisse. Das war der grösste «Giftcocktail» seit der Finanzkrise im Jahre 2008.

Die Märkte brauchen nun neues Vertrauen, vor allem psychologisch einen Ruck. Ideal wären ein Jahresendrally in den letzten Tagen des Jahres und ein guter Start ins 2023. Eine nachhaltige Erholung ist nur möglich, wenn Inflation und Zinsen wieder sinken. Höhere Gewinne haben wir voraussichtlich erst im übernächsten Jahr 2024 wieder zu erwarten.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Herisau24