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16.05.2023

Leichte Abkühlung und stützende Binnenwirtschaft

Rund 60 Prozent aller Ostschweizer Baufirmen berichten derzeit von einem Mangel an Arbeitskräften. Bild: Pixabay: Manuel Alvarez
Die Ostschweizer Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage im laufenden Quartal als gut, trotz gewisser Abkühlung. Laut Konjunkturboard sind einige Bereiche stabil, das Auslandsgeschäft leicht eingetrübt und der Arbeitsmangel die prägende Herausforderung.

Die Geschäftslage der Ostschweizer Industrieunternehmen hat sich in den ersten Monaten des laufenden Jahres leicht verschlechtert. Insgesamt wird sie aber weiterhin als gut eingeschätzt. Der milde Winter und die abgeschwächte Energiekrise haben den befürchteten, stärkeren Einbruch ausbleiben lassen.

Auslandsgeschäft rückläufig

Dämpfend wirkt das Auslandsgeschäft. «Das eingetrübte internationale Umfeld lastet auf den Exporten», erklärt IHK-Chefökonom Jan Riss. «Der Bestand an Auslandsaufträgen entwickelte sich zuletzt rückläufig und wird aktuell von den Unternehmen insgesamt als zu klein eingeschätzt.»

Die binnenorientierten Branchen entwickeln sich in der Ostschweiz derweil stabil. «Detailhandel und Baugewerbe beurteilen ihre Geschäftslage als gut bis sehr gut. Auch das Gastgewerbe konnte die deutlich positive Lage vom Vorquartal halten», so Riss. Im Bau präsentiert sich die Lage insbesondere im Baunebengewerbe weiterhin sehr gut, aber auch die Unternehmen im Bauhauptgewerbe zeigen sich unverändert zufrieden.

Lieferketten normalisieren sich

Positive Signale gibt es bei den Lieferketten. Diese haben sich zuletzt weiter normalisiert, wie die Rückmeldungen unter anderem aus der Industrie und dem Grosshandel aufzeigen. Die Transport- und Logistikprozesse funktionieren wieder und der Mangel an Vorprodukten hat sich deutlich reduziert. Branchenübergreifend haben die Unternehmen die Lagerhaltung ausgebaut.

Beat Schiffhauer, Konjunktur- und Finanzexperte bei der St.Galler Kantonalbank: «Mittlerweile berichtet die Mehrheit der Industrie- und Grosshandelsunternehmen von einer zu grossen Lagerhaltung, sowohl bei den Vor- als auch bei den Endprodukten. Einerseits fahren viele Unternehmen nach wie vor eine defensive Lagerstrategie», so Schiffhauer. «Andererseits zeigen Rückmeldungen aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau, dass Bestellungen bisweilen spät oder gar nicht abgerufen werden.»

Preisdynamik flacht ab

Die Preisdynamik flacht ab. Branchenübergreifend gehen die Unternehmen davon aus, dass der Preisauftrieb abnimmt. Die Ostschweizer Grosshandelsunternehmen erwarten gar erstmals seit zwei Jahren sinkende Einkaufspreise. Am häufigsten sind Preiserhöhungen im Gastgewerbe geplant, allerdings auch hier von weniger Unternehmen als in den Vorquartalen.

Schweizweit erreichte die Inflation mit 2.6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zuletzt den tiefsten Stand seit einem Jahr. Sie ist aber in der Breite angekommen. Anfänglich wirkten primär Energie und Rohstoffe teuerungstreibend, nun verharrt die Kerninflation (ohne Energie, Treibstoffe und frische Produkte) auf über 2 Prozent.

Auch verteuerten sich im April die Inlandgüter erstmals seit Anfang 2020 stärker als die importierten Güter. Während die Teuerungsraten bei den Waren insgesamt rückläufig sind, ist dies bei den Dienstleistungen (noch) nicht der Fall. Die Nationalbank dürfte die geldpolitischen Zügel daher weiter straffen, um so eine allgemein akzeptierte Inflation zu verhindern.

Fachkräftemangel stabil auf hohem Niveau

Auch die Löhne erweisen sich zunehmend als Inflationstreiber. Steigende Löhne und Lohnnebenleistungen sind unter anderem das Resultat von nahezu Vollbeschäftigung. Die hohe Arbeitsplatzsicherheit stützt zwar den Konsum. Auf der anderen Seite beurteilen die Ostschweizer Unternehmen den Arbeits- und Fachkräftemangel mittelfristig aber als grösste Herausforderung. Dieser hat sich seit Anfang Jahr auf hohem Niveau stabilisiert.

«Die Arbeitslosenquote hat sich in den Ostschweizer Kantonen St.Gallen, Thurgau und beide Appenzell insgesamt auf sehr tiefen 1.6 Prozent eingependelt», erklärt Karin Jung, Leiterin des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons St.Gallen.

Rund 60 Prozent der Baufirmen, 40 Prozent der Industriebetriebe und ein Drittel der Grosshandelsunternehmen würden derzeit von einem Mangel an Arbeitskräften berichten. «Die Unternehmen zeigen sich überdies weniger zuversichtlich, ihren Personalbestand ausbauen zu können.»

Verhalten optimistischer Ausblick

Insgesamt zeigen sich die Ostschweizer Unternehmen aktuell verhalten optimistisch. Für die Geschäftslage erwarten sie mehrheitlich eine Stabilisierung oder gar eine positive Entwicklung. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sich die Abkühlung akzentuiert und in einen wirtschaftlichen Einbruch mündet. Die Industrieunternehmen rechnen – mit Ausnahme der Teilbranche Elektronik und Optik – nicht mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage.

Die Exporte und die Bestellungen dürften wieder leicht anziehen. Besonders zuversichtlich für die nächsten sechs Monate äussern sich die Unternehmen aus dem Baunebengewerbe und dem Gastgewerbe.

pd/herisau24.ch