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Lifestyle
04.07.2023

Schlange? Keine Panik!

Die Ringelnatter ist eine heimische, ungefährliche Wasserschlange. Bild: Kapo ZH
Sobald es wärmer wird, kommen Schlangen und andere Reptilien aus ihren Verstecken hervor. Heimische Arten wie die Ringelnatter oder die Würfelnatter halten sich gerne in der Nähe von Gewässern auf. Das führt immer wieder zu Einsätzen der Reptilien- und Gifttierspezialisten der Kantonspolizei.

Allein der Anblick einer Schlange jagt vielen Menschen einen kalten Schauer über den Rücken. Grund dafür dürften nicht zuletzt viele Mythen und Unwahrheiten sein, die den meist ungefährlichen und geschützten Tieren angedichtet werden.

Private Haltung braucht viel Wissen

Das private Halten und Pflegen von Reptilien und exotischen Spinnentieren ist ein Hobby, das ein hohes Fachwissen voraussetzt. Insbesondere Halterinnen und Halter von giftigen oder sehr grossen Reptilien, beispielsweise Alligatoren, müssen ihre Tiere registrieren und bereit sein, sich strengen Kontrollen unterziehen zu lassen. Ein Ausbruch der als Hobby gehaltenen, sogenannten gefährlichen Wildtiere kommt daher gemäss Kantonspolizei sehr selten vor. Noch seltener würden Reptilien und Spinnentiere als «blinde Passagiere» im Gepäck von Reisenden landen oder versteckt im Frachtgut in die Schweiz kommen, so die Polizei.

Meistens einheimische Tiere

Die meisten Schlangen, die hierzulande gesichtet werden, sind einheimische Arten, so die Kantonspolizei weiter.

Weit verbreitet sind die Ringel- und die Würfelnatter. Die beiden ungiftigen Wasserschlangen halten sich gerne in der Nähe von Gewässern auf. Ihre Nahrung besteht denn auch aus Fischen, Amphibien oder kleinen Wirbeltieren. Sie sind nicht wehrhaft, sehr scheu und fliehen, wenn immer möglich.

Bisse selten und ungefährlich

Gelingt die Flucht nicht, versuchen sie mit Zischen, Scheinbissen und dem Verspritzen eines übelriechenden Sekrets den Gegner einzuschüchtern. Echte Bisse sind aber selten und ungefährlich.

Geschützte Tiere

Schlangen sind Wildtiere, die unter Artenschutz stehen. Sie dürfen nicht angefasst, belästigt und umplatziert werden. Wer ihnen begegnet, sollte auf sich aufmerksam machen und der Schlange so die Gelegenheit zur Flucht geben. Bleibt sie trotzdem liegen, kann man in einem Abstand von rund zwei Metern ruhig an ihr vorbeigehen.

Suchen auch mal Unterschlupf in Häusern

Wenn die sommerlichen Temperaturen zurückgehen und es draussen kühler wird, suchen Schlangen wärmere Orte auf. Dabei finden sie immer wieder den Zugang in Häuser, insbesondere in Kellerräume.

Werden Schlangen im Haus oder Garten gesichtet, stellt sich rasch die Frage, ob es sich um eine harmlose einheimische Art oder eine giftige Schlange handelt.

Die Polizei weiss Rat

Bei der Kantonspolizei Zürich sind nebenamtliche Reptilien- und Gifttierspezialisten tätig. Diese Polizisten verfügen neben vertieften Fachkenntnissen über entsprechende Ausrüstung und ein grosses Netzwerk, um bei Bedarf eingefangene Tiere artgerecht unterzubringen.

Sichtungen von Reptilien und Gifttieren können jederzeit über die Notrufnummer 117 gemeldet werden. Die Reptilien- und Gifttierspezialisten identifizieren jährlich in über hundert Fällen Tiere, beraten die Melderin oder den Melder über das richtige Verhalten und fangen falls notwendig Tiere ein.

Zwei giftige Arten in der Schweiz

Von den acht «schweizerischen» Schlangen sind zwei giftig, die Kreuzotter (Vipera berus) und die Aspisviper (Vipera aspis). Der lateinische Name Vipera kommt von vivipara, d.h. lebendgebärend. Die jungen Schlangen kommen in eine Haut eingepackt auf die Welt.

Die Kreuzotter ist ca. 60 cm lang, tagaktiv und steigt in der Schweiz auf eine Höhe bis gegen 2’700 m ü. M. Sie bevorzugt sonnige, bestaudete oder begraste unberührte Südhänge und Geröllhaufen. Sie findet sich vor allem im zentralen und östlichen Alpengebiet, selten im westlichen Jura. Ein Zickzackband auf dem Rücken und eine V-Zeichnung auf dem Kopf kennzeichnen sie, ausgenommen die seltenen schwarzen Formen.

Die Aspisviper ist über den ganzen Alpenraum bis zu den Pyrenäen und nach Süditalien hin verbreitet. Unterformen sind die Jura-, die Alpen- und die Rediviper, die sich in der Kopfform und in der Farbe leicht unterscheiden. In der Schweiz findet sich die Viper bis gegen 2’500 m ü. M. in Geröllhalden.

Biss so gut wie harmlos, aber...

Schlangengift besteht aus einer Mischung von Toxinen und Enzymen. Die Toxine helfen der Schlange beim Beutefang, indem sie die Beute fluchtunfähig machen und töten. Die Enzyme erleichtern vor allem die anschliessende Verdauung. Für die Schlange ist es aufwändig, Gift zu produzieren, deshalb setzt sie es mit Bedacht ein. Die Schlangen geben gemäss naturschutz.ch nicht bei jedem Biss Gift ab. Sie können ganz genau regulieren, ob und wie viel Gift sie abgeben. Einen Biss ohne Giftabgabe nennt man «Trockenbiss». Bildet sich nach spätestens zwei Stunden nach dem Biss einer Aspisviper oder Kreuzotter immer noch keine Schwellung am betroffenen Körperteil, kann davon ausgegangen werden, dass beim Biss kein Gift übertragen wurde.

Für den Menschen ist das Gift beider Schweizer Giftschlangenarten so gut wie harmlos. Trotzdem kann es in manchen Fällen zu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Jedoch werden diese Situationen nicht primär durch das per se Gift verursacht, denn die Konzentration des Gifts ist nicht ausreichend, um dem Menschen ernsthaften Schaden zuzufügen. Dennoch kann eine zusätzliche allergische Reaktion auf das Gift zu einem allergischen Schock führen, der unbehandelt bis zum Tod führen kann. Bei Schockzeichen wie starkem Schwitzen, Atemnot und Kaltschweissigkeit, sollten die Beine hochgelagert und umgehend ein Arzt aufgesucht werden.

Gift heraussaugen? Falsch!

Im Volksmund hört man immer mal wieder, dass man nach einem Schlangenbiss das Gift aus der Wunde saugen soll. Von dieser Methode rät naturschutz.ch strengstens ab. Durch kleine Verletzungen im Mund könne das Gift näher an lebenswichtigen Organen wirken oder bei allergischen Reaktionen auf das Gift schneller zu Atemnot und Schwellungen im Hals-Rachen-Bereich führen. Auch soll die Blutung durch Einschneiden nicht verstärkt werden. Das betroffene Körperteil, oft die Hand oder das Bein, sollte stattdessen ruhig gestellt und gekühlt werden. Die Kühlung verzögere die Wirkung des Gifts.

Sollte sich eine starke Reaktion auf das Gift entwickeln, wirkt allein ein spezifisches Gegengift. Adrenalin, wie beispielsweise im Epi-Pen enthalten ist, hilft bei einer zusätzlichen allergischen Reaktion auf das Gift, jedoch nicht gegen die Wirkung des Gifts selber. Oft reagieren Personen, die auf Bienen oder Wespen allergisch sind, auch allergisch auf Schlangengift.

Giftig oder nicht? Schau ihr ihn die Augen, Kleines!

Können Schlangen aus der Nähe betrachtet werden, gibt es einige untrügliche Unterscheidungsmerkmale zwischen giftigen und ungiftigen Tieren.

Giftige einheimische Schlangen haben senkrechte schwarze Spaltpupillen ("Katzenaugen") und mehrere Schuppenreihen, die die Augen von der Oberlippe trennen. Der Kopf ist mit kleinen Schuppen bedeckt. Die Kopffront wirkt eingedrückt, aufgeworfen, und bei offenem Maul sind zwei Giftzähne sichtbar, die beim Beutefang aufgerichtet sind.

Ungiftige Schlangen haben runde Pupillen und nur eine Schuppenreihe zwischen Auge und Oberlippe. Die Kopfoberseite ist kolbenförmig und grobbeschuppt, die Kopffront gerundet. Bei offenem Maul sind Reihen kleiner Hakenzähne am Oberkiefer erkennbar.

Quellen für diesen Beitrag: Kantonspolizei Zürich, SAC, naturschutz.ch

PD/Zürioberland24