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Wirtschaft
05.08.2023
08.08.2023 07:09 Uhr

Börse: Getrübte Ferienstimmung

«Ein Lichtblick für die Zukunft ist die abnehmende Teuerung, die auch die Aktienbörsen wieder beflügeln könnte», so Christopher Chandiramani. Bild: Linth24
In der verkürzten Handelswoche ging der Abwärtstrend weiter wegen der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit, getrübter Auftragseingänge und Ferien-Stimmung. SMI hielt 11'000 Punkte.

Die US-Politik pokert bezüglich der Staatsfinanzen. Die Ratingagentur Fitch hat in der Folge die begehrte Spitzenbonität entzogen. Diese wurde von «AAA» auf «AA+» gesenkt. Die letzte Herabstufung gab es im Jahre 2011, als S&P Global Ratings die Einschätzung der USA reduzierte.

Der politische Druck auf die Schweiz durch die USA nimmt zu. Die Amis verlangen die Durchsetzung von allen Sanktionen gegen Russland trotz Neutralität und weitere Blockierungen von Oligarchen-Vermögen.

Die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft trüben sich ein. In einigen Sektoren sind die Bestellungen spürbar zurückgegangen. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) fiel im Juli um 6.4 auf 38.5 Punkte (wachstumsneutral = 50). Ökonomen hatten höhere Werte im Bereich von über 42 erwartet.

Die Teuerung in der Schweiz ist nochmals tiefer, vor allem bei den Importpreisen. Die Jahresinflation sank im Juli auf 1.6 von 1.7 Prozent im Juni. Das nimmt auch den Druck auf die Nationalbank weg, zur Inflationsbekämpfung die Geldpolitik weiter zu straffen.

Weitere Erholung im Tourismus: Im Juni 2023 zählten die hiesigen Hotels 3.96 Millionen Logiernächte und damit fast 10 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auch die Swiss und Lufthansa spüren die Reiselust und verzeichnen Rekordgewinne, insbesondere dank gestiegenen Flugticketpreisen.

Unternehmensnachrichten

Der Rückversicherer Swiss Re hat im ersten Halbjahr 2023 mehr verdient als im Vorjahr. Der Reingewinn stieg auf CHF 1.27 Mrd. nach «lediglich» rund 137 Mio. im Vorjahr. Im vergangenen Jahr hatten vor allem Rückstellungen zum Ukraine-Krieg das Ergebnis belastet. Trotzdem kam die Aktie unter Druck.

Die Swisscom hat fürs erste Halbjahr 2023 einen fast unveränderten Umsatz, aber einen Anstieg des Gewinns erwirtschaftet. Das konsolidierte Betriebsergebnis lag mit CHF 2.303 Mrd. um 5.1 Prozent über dem Vorjahr. Ohne Sondereffekte resultiert eine Zunahme um 2.1 Prozent. Kostensteigerungen werden durch mehr Effizienz ausgeglichen. Mit Tariferhöhungen sei man zurückhaltend, hiess es.

Beim Autozubehörhersteller Ems Chemie wird in deutschen Betrieben kurzgearbeitet. Auch in der Schweiz bauen Angestellte über diesen Sommer Überstunden ab und beziehen Ferien. Schwankungen bei den Aufträgen fängt der Konzern über ein Jahresarbeitszeitmodell auf.

Der Stellenvermittler Adecco ist nach einem guten Start ins Jahr 2023 auch im zweiten Quartal gewachsen und hat Marktanteile dazugewonnen. Aber die Ergebnisse sind im Vergleich zum Vorjahr tiefer ausgefallen. Der Umsatz der Gruppe wuchs um gerundet 1 Prozent auf knapp EUR 6.0 Mrd. Bereinigt um Wechselkurseffekte und um die Anzahl der Arbeitstage betrug das organische Wachstum 4 Prozent.

Die Industriegruppe Oerlikon musste im zweiten Quartal einen Umsatzrückgang von 4.4 Prozent auf CHF 702 Mio. Fr. hinnehmen. Der Auftragseingang reduzierte sich 15 Prozent auf CHF 657 Mio.

Die Westschweizer Devisenbroker-Gruppe CFT (Tradition) hat den Umsatz in den ersten sechs Monaten des Jahres um 6.1 Prozent auf CHF 513.3 Mio. gesteigert. Gewinnzahlen folgen im September.

Die Schweizerische Nationalbank SNB weist für das Halbjahr 2023 einen Gewinn von CHF 13.7 Mrd. aus. Trotzdem ist die Ausschüttung an Bund und Kantone unsicher.

Im Rahmen einer ersten Kündigungswelle haben gemäss Presseberichten 200 Investmentbanker bei Credit Suisse ihren Job verloren.

Aussichten

Die Wirtschaftsdynamik nimmt ab. Rezessionstendenzen sind in der Luft. Diese müssen wir noch verdauen. Wir werden auch immer wieder auf die Verschuldungsproblematik erinnert, vor allem an den Zustand der US-Staatsfinanzen. Die geopolitischen Probleme halten an (Ukraine, Nordkorea, Taiwan, neu Niger). Ein Lichtblick für die Zukunft ist die abnehmende Teuerung, welche den Notenbanken Spielraum gibt bei der Geldpolitik und auch die Aktienbörsen wieder beflügeln könnte.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Herisau24