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Kanton AR
15.11.2023
17.11.2023 09:54 Uhr

Positivbeispiel Neckertal: Gemeindevereinigungen können gelingen

Die Einheitsgemeinde Neckertal - ein Positivbeispiel für erfolgreiche Vereinigungen. Bild: toggenburg.swiss
Gemeindefusionen sind umstritten: Befürworter und Gegner leisten sich auch in Ausserrhoden dieser Tage hitzige Debatten. Dass das nicht immer so sein muss und Zusammenschlüsse funktionieren können, beweist das Beispiel der heutigen Einheitsgemeinde Neckertal.

Am 26. November stimmt die Ausserrhoder Stimmbevölkerung über einen potenziellen Gemeindezusammenschluss ab. Gegenstand der Abstimmung sind der von der Regierung ausgearbeitete Gegenvorschlag, der eine Fusion auf drei bis fünf Gemeinden vorsieht, und der Eventualantrag, der basierend auf einer Initiative die Streichung der Aufzählung aller Gemeinden aus der Verfassung verlangt und so den Weg für künftige Gemeindezusammenschüsse ebnet. Die Abstimmung führt zu hitzigen Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern.

Positive Entwicklungen sind möglich
Dass Zusammenschlüsse Gemeinden stärken und voranbringen können, zeigt das Beispiel Neckertal, das mittlerweile zwei Fusionen hinter sich hat und seit Januar 2023 eine Einheitsgemeinde ist. 2007 schlossen sich zunächst die drei Toggenburger Gemeinden Brunnadern, Mogelsberg und St.Peterzell zur neuen Gemeinde Neckertal zusammen – vor allem auf Grund von wirtschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen. Es folgten die Fusion der Feuerwehr im Neckertal, die Führung eines gemeinsamen Seniorenzentrums und gemeindeübergreifend tätige Schulgemeinden. Gemäss der Aussage von Dr. Frank Bodmer, damaliger Leiter des IHK-Research St.Gallen-Appenzell, habe sich das Neckertal nach der ersten Fusion positiv entwickelt: «Der Nettoaufwand sank deutlich, die Steuerkraft stieg und die Qualität der Aufgabenerfüllung verbesserte sich.» Die Strukturen im Schulbereich seien allerdings sehr komplex, was den Nutzen der Fusion eingeschränkt habe.

Fortschritt durch Zusammenschluss des Schulbereichs
Da basierend auf der ersten Vereinigung sehr positive Erfahrungen gemacht wurden, standen die noch souveränen Gemeinden Hemberg und Oberhelfenschwil einer Verschmelzung jedoch offen gegenüber – zumal man auch vorher schon eng mit der Gemeinde Neckertal zusammenarbeitete. «Um die bereits bestehenden gemeinsamen Arbeiten zu sichern und die Stimmrechtsbeteiligungen gerade im Bereich der Schulgemeinden zu klären, machte eine neuerliche Vereinigung zur Einheitsgemeinde mit Inkorporation der Schulgemeinden Sinn», erklärt Christian Gertsch, heutiger Gemeindepräsident des Neckertal und ehemaliger Gemeindepräsident von Hemberg. Der Anstoss für den Anfang Jahr erfolgten grossen Zusammenschluss sei dabei aus einem Gemeinderat gekommen.

Gute Informationspolitik sichert Zustimmung
Im Gegensatz zur bevorstehenden Abstimmung in Ausserrhoden entstand in der Abstimmungsdebatte im Neckertal keine organisierte Gegnerschaft. Dazu beigetragen hat sicherlich die gut organisierte Informationspolitik der drei vorherigen Gemeinden: Im zweistufigen Abstimmungsprozedere (1. Grundsatzabstimmung zur Abklärung einer möglichen Vereinigung, 2. Vereinigungsabstimmung) wurden die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen von mehreren Informationsveranstaltungen und offenen Fragerunden sowie durch umfangreiche Abstimmungsbotschaften mit relevanten Informationen versorgt.

«Gemeindevereinigungen bedingen ein Näherrücken - man ist stärker aufeinander angewiesen und muss mehr als zuvor auf allen Ebenen zusammenarbeiten.»
Christian Gertsch, Gemeindepräsident Neckertal

Eine Vereinigung geht ihren Weg
Nach der Annahme der Grundsatzabstimmung übernahm ein Konstituierungsrat aus bisherigen Gemeinde- und Schulräten sowie Verwaltungsmitgliedern die Ausgestaltung der Vereinigung, erarbeitete die entsprechenden rechtlichen Grundlagen und die Grundzüge der zukünftigen Organisation. Allfällige Bedenken und Rückfragen wurden ernst genommen: In einer ausführlichen Abstimmungsbotschaft für die Gemeindevereinigung wurden alle Aspekte erläutert.

Bevölkerung steht hinter der Fusion
Danach erfolgte die Abstimmung zur Vereinigung am 13. Juni 2021: Sehr deutlich und mit einer hohen durchschnittlichen Stimmbeteiligung über alle drei Gemeinden von 68 % wurde sowohl die Inkorporation der Schulgemeinden (81%) und die Bildung der Einheitsgemeinde Neckertal (77%) angenommen. «Die Stimmung in den Gemeinden war dank des klaren Abstimmungsergebnisses und der hohen Zustimmungsrate äusserst positiv. Die Chance, für die Gemeindeaufgaben neue optimale Grundlagen zu schaffen, stand für alle im Zentrum», sagt Gertsch.

Steuerfuss dank Subventionen gesenkt
Im Rahmen des Gemeindegesetzes unterstützt der Kanton St.Gallen Gemeindefusionen finanziell: Durch diese finanzielle Zuwendung habe man im Neckertal einen attraktiven Steuerfuss festlegen und die Gesamtorganisation sichern können. «Wir konnten den Steuerfuss für alle vorherigen Gemeinden markant senken und vorhandene Unterschiede somit gut ausgleichen», erklärt Gemeindepräsident Gertsch. Die neue Gemeindeverwaltung sei dadurch insgesamt gestärkt worden.

Gemeinden rücken (noch) näher zusammen
Im ersten Jahr nach dem Gemeindezusammenschluss erkennt Gertsch zudem weitere Vorteile und positive Veränderungen: «Die Gemeinde Neckertal ist noch mehr zusammengewachsen, der Wille, die gemeinsame Zukunft weiter zu gestalten ist feststellbar.» Unverändert geblieben sei der Wunsch nach Verbesserung - aber nicht als Resultat der Fusion, sondern basierend auf Erkenntnissen und Rückmeldungen. Damit eine Fusion erfolgreich gelingen kann, müssen die Gemeinden jedoch an einem Strang ziehen: «Gemeindevereinigungen bedingen ein Näherrücken - man ist stärker aufeinander angewiesen und muss mehr als zuvor auf allen Ebenen zusammenarbeiten.»

herisau24.ch/Vanessa Vogt