Die Titel der «CH Media» stellen die wichtigste Frage in der Aufarbeitung des GPK-Berichts gleich zu Beginn: «Wusste Bundesrat Alain Berset davon, dass sein Kommunikationschef Peter Lauener den Chef des Medienunternehmens Ringier, Marc Walder, während der Pandemie mehrmals mit vertraulichen Informationen zur Coronapolitik des Bundesrats versorgte?»
500 Medienberichte ausgewertet
Offizielle Antwort der Arbeitsgruppe der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK), die nicht weniger als 500 Medienberichte ausgewertet hat: «Nein». Sie habe dafür keine Nachweise gefunden, heisst es in ihrem Bericht.
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe betonten am Freitag aber, dass sie keine juristische Aufklärung der Geschehnisse liefern könnten. Es gehe ihnen um eine politische Wertung. Hier liegt allerdings ein Problem: Die Gruppe konnte sehr viel Material, das von Interesse wäre, nicht auswerten.
Keinen Zugriff auf private Mails
Die Politiker nahmen keinen Zugriff auf private Mails von Bundesrat Berset und von seinem vormaligen Kommunikationschef. Und sie forderten die Akten nicht an, deren Versiegelung ein Gericht in Bern angeordnet hatte. Im Zusammenhang mit den Corona-Leaks laufen mehrere Strafverfahren. Für die Arbeit der Arbeitsgruppe waren die Auswirkungen negativ. «Die Quellenlage hat sich als insgesamt sehr lückenhaft erwiesen», schreibt das Gremium.
SP spielt die Affäre herunter
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe waren sich nun nicht einig, zu welchen Schlüssen sie kommen sollten. Je einen Vertreter hatten die sechs grossen Parteien entsandt. Es habe ein Ringen stattgefunden um die Wertungen, sagte SVP-Nationalrat Thomas de Courten. SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo bemühte sich an der Medienkonferenz, die Rolle des Departements von SP-Magistrat Alain Berset in der Affäre so weit wie nur möglich herunterzuspielen.
Die Blätter der «CH Media» schreiben, dass «Berset von einem bitteren Abgang verschont bleibt», gleichzeitig halten sie aber fest: «Das bedeutet keineswegs, dass Berset ahnungslos war – und dies wäre auch wenig plausibel, denn Berset und Lauener arbeiteten während zehn Jahren eng zusammen».
Mails zu spät eingefordert
Doch die GPK forderte Laueners private Mails (er kommunizierte nicht nur über sein Geschäftsmail) zu spät ein – da waren sie schon weg. Bersets private Mailbox wiederum konnte sie überhaupt nicht einsehen. Und als sie Walder zur Befragung einlud, erschien dieser nicht. Die GPK ist eine zahnlose Behörde, womöglich fehlte es ihr auch am Willen, in die Tiefe zu schürfen.
Noch deutlicher wird die «Neue Zürcher Zeitung»: «Je länger man den Bericht liest, desto besser versteht man auch, warum Berset keine weitere Amtszeit als Bundesrat anhängen wollte. Da ist so viel in die Brüche gegangen – mehrere Bundesratsmitglieder glauben ihm kein Wort mehr».
«Bundesratsmitglieder glauben ihm kein Wort mehr»
Diese gaben gegenüber der GPK an, dass sie das Vertrauen in den Innenminister auch nach der Aussprache nicht wiederherstellen konnten. Nachdem die Zeitungen von «CH-Media» Anfang Jahr über die Korrespondenz zwischen Lauener und Walder berichtet hatten, musste sich Berset vor seinen Bundesratskollegen erklären. Dabei versicherte er ihnen hoch und heilig, nichts von den Indiskretionen gewusst zu haben.