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Schweiz
20.12.2023

Erschreckende Bilanz bei Biodiversitäts-Zielen

Die Schweiz hat in Bezug auf die Biodiversitätsziele Handlungsbedarf. Bild: Birdlife Schweiz
Naturschutz-Orgsnisationen ziehen ein Jahr nach dem unterzeichneten Abkommen für mehr Biodiversität eine negative Bilanz für die Schweiz.

Vor einem Jahr beschloss die UNO-Biodiversitäts-Konvention umfassende Ziele zur Bekämpfung des akuten Artensterbens und der fortschreitenden Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Dazu gehört, 30 Prozent der Erdoberfläche bis 2030 unter Schutz zu stellen. Auch sollen degradierte Ökosysteme wiederhergestellt werden, und mehrere Ziele fordern nachhaltiges und biodiversitäts-freundliches Wirtschaften in allen Sektoren, inklusive Landwirtschaft.

Zu den Zirken zählt der Stopp des Artensterbens, die Reduktion von Dünger und Pestiziden und die Anpassung der wirtschaftlichen Aktivitäten an die Bedürfnisse der Natur.

Grosse Kritik an der Schweiz

Naturschutz-Organisationen wie BirdLife Schweiz und Pro Natura kritisieren die Untätigkeit der Schweiz und sehen grossen Handlungsbedarf. Sie werfen der Regierung gar das Schönen von Zahlen vor.

Pro Natura dazu: «Anstatt ausreichend Gebiete wirksam unter Schutz zu stellen, versuchen der Bundesrat und das Bundesamt für Umwelt das globale Ziel mit Zahlenspielereien zu erreichen. So haben sie dieses Jahr einen Bericht veröffentlicht, in dem sie neu auch Gebiete, deren Schutzwirkung minim oder zeitlich begrenzt ist, dem globalen Ziel anrechnen.»

Das sei unverantwortlich, denn es erwecke den Eindruck, der Natur in der Schweiz gehe es gut, während in Tat und Wahrheit die Hälfte aller einheimischer Lebensräume sowie ein Drittel aller Tier und Pflanzenarten hierzulande bedroht seien.

«In der Schweiz ist mehr Rück- als Fortschritt erkennbar», schreibt BirdLife Schweiz in ihrer Mitteilung. Es sei völlig unklar, wie die Schweiz die vom Gesamtbundesrat geforderten, ambitiösen Biodiversitätsziele erreichen wolle.

Geringe Zahl an Schutzgebieten

Die Schweiz habe in Bezug auf die genannten Ziele einen sehr hohen Handlungsbedarf, kritisiert BirdLife Schweiz. So sei die Schweiz innerhalb von Europa das Land mit dem geringsten Anteil an Schutzgebieten. Selbst in den bestehenden Schutzgebieten sei die Qualität oftmals ungenügend, wie Berichte und Strategien des Bundes zeigten.

Das bestätigt auch Pro Natura. Eine vertiefte fachliche Analyse gelangt zum Schluss, dass derzeit nur 8 Prozent wirklich den geforderten Schutz bieten, anstatt der behaupteten 23 Prozent.

«Es wären massive Anstrengungen durch Bund und Kantone nötig, um die Qualität bestehender Gebiete zu verbessern und rasch weitere Flächen für die Biodiversität zu sichern», mahnt BirdLife Schweiz.

Stattdessen beschäftigte sich die Verwaltung nach dem Amtsantritt des neuen Departementschefs Albert Rösti mit der Frage, ob weitere Gebietskategorien zur Schutzgebietsstatistik dazugezählt werden könnten. Eine aktualisierte Statistik helfe gefährdeten Arten, Lebensräumen und Ökosystemen jedoch nichts, so BirdLife weiter. 

Wiederherstellung von Ökosystemen nötig

Eine Strategie für die Wiederherstellung von Ökosystemen, wie sie die EU erarbeitet hat, fehle der Schweiz. Einzig im Bereich Gewässer mache das Gewässerschutzgesetz von 2011 klare Vorgaben. In der Umsetzung gebe es jedoch grosse Verzögerungen.

Die dringend notwendige Korrektur der Agrarpolitik zugunsten der Biodiversität werde in der Schweiz auf die lange Bank geschoben. In der Frühlingssession lehnte der Nationalrat mehrere wichtige Anträge zugunsten der Umwelt in der Agrarpolitik ab, und in der Wintersession verschob das Parlament die bereits beschlossene Vorgabe von 3.5 % Biodiversitätsförderflächen im Ackerland erneut um ein Jahr.

Vertragsstaaten-Konferenz: Verpasste Chance?

Die Integration der Biodiversität und ihrer vielseitigen Werte in alle Bereiche der Politik erfordere zuerst einmal eine Sensibilisierung aller Sektoralpolitiken, ist die Vogelschutz-Organisation überzeugt. «Eine gute Gelegenheit hätte sich der Schweiz mit der Durchführung der 16. Vertragsstaaten-Konferenz der Biodiversität-Konvention geboten. Jedoch lehnte der Bundesrat dies ab.»

Eine Vertragsstaaten-Konferenz in der Schweiz hätte dem wichtigen Thema in der Schweiz Sichtbarkeit gegeben, ist BirdLife überzeugt. 

Nun seien Politik und Verwaltung gefordert, auch ohne internationale Konferenz das notwendige Momentum zu schaffen, um den Schutz der Biodiversität und damit den langfristigen Erhalt der überlebenswichtigen Ökosystemleistungen mit raschen und entschiedenen Massnahmen zu gewährleisten.

Am 19. Dezember 2022 hat die 15. Vertragsstaaten-Konferenz der Biodiversitätskonvention den Kunming-Montreal-Zielrahmen für die Biodiversität verabschiedet. Die Mission besagt, «dringende Massnahmen zu treffen, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen und umzukehren und die Natur auf den Weg der Erholung zu bringen – zugunsten der Menschen und des Planeten» durch den Schutz und nachhaltige Nutzung sowie weitere Massnahmen. Der Zielrahmen enthält vier Oberziele und 23 Ziele.

Fast 200 Staaten, darunter auch die Schweiz, haben den Zielrahmen verabschiedet,

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Zürioberland24/gg