Der Lebenslauf von Georg Amstutz ist beachtlich: Er hat bereits als Sekretär der nationalen Ethikkommission in Bern gearbeitet, war jahrelang Mediensprecher beim Bundesamt für Gesundheit und sammelte vorher reichlich Erfahrungen in Radio, Fernsehen und im Zeitungswesen. Kommunikation? Kann er. Und das druchaus auch im grossen Stil. Doch wie kam er dann nach Herisau?
Schöne Ostschweiz
„Meine Frau hat früher mal am St.Galler Theater gespielt – unsere Kinder waren noch im Kindergartenalter“, erklärt der verheiratete Vater von zwei Töchtern, die mittlerweile im Studiumsalter sind. Die Entscheidung in die Ostschweiz zu gehen, sei ihm daher leichtgefallen. „Für Kinder ist es eine sehr schöne Gegend, um aufzuwachsen.“ Als die Stelle des kantonalen Leiters Kommunikation frei wurde, bewarb er sich– mit der Erfahrung ist es nicht erstaunlich, dass der Zuschlag ihm gegeben wurde.
Strukturen vorgeben
„Ich habe meinen Job bis zum letzten Tag mit Herzblut ausgeführt – und vor allem mein Team und die Kolleginnen und Kollegen immer sehr geschätzt“, sagt er. Gestartet habe er auf einer grünen Wiese. „Ich habe alle Strukturen selbst aufgebaut, war zu Beginn allein für sämtliche Bereiche zuständig.“ Damals sei alles sehr althergebracht gelaufen – von Social Media und Co. sei noch lang keine Rede gewesen. „Ich habe erstmal angefangen, eine strukturierte Kommunikation aufzubauen.“
Zeitnah und dienstleistungsorientiert
Besonders viel Spass habe ihm der Job gemacht, weil er so nah an Entscheidungen dran gewesen sei. Seine Kommunikationsarbeit habe er stets als wertvollen Dienst gegenüber Bevölkerung und Medien gesehen. „Früher wurden Journalisten oft tagelang vertröstet, wenn sie Antworten haben wollten. Das hat sich heute stark gewandelt -und dafür habe ich mich auch eingesetzt.“ Das Kommunikationsbewusstsein und die Wertigkeit einer zeitnahen Kommunikation auf Augenhöhe sei ihm wichtig. „Politik kann nur erfolgreich gelingen, wenn man sich des Schlüsselfaktors Kommunikation bewusst ist – und diese zielführend und dienstleistungsorientiert einsetzt.“
Strukturierter Kommunikationsteppich
„Ich habe immer gesagt, ohne Medien funktioniert es nicht: Wir müssen alle so früh wie möglich informieren und abholen. Und damit auch die Bürgerinnen und Bürger.“ Dass er so viel positiv beeinflussen und selbstständig aufbauen konnte, hat ihm immer gefallen: „Ich konnte Konzepte entwickeln und testen, habe Strukturen und Prozesse geschaffen, wo vorher keine waren.“ So habe man einen kontinuierlichen Kommunikationsteppich gehabt, von dem Kanton, Bürger, Gemeinden und Medien gleichermassen profitieren konnten.
Transparenz und freie Kommunikation
Damals wie heute ging es auch immer um die Befähigung von anderen. „Ich wollte die Angestellten in der Verwaltung so trainieren, dass sie selbst mit Medien und Personen reden können, ohne Angst davor zu haben.“ Einer seiner Grundsätze laute: Es gibt nichts, was wir nicht sagen sollen dürfen. „Transparenz ist ein elementarer Grundsatz für mich. Dafür braucht man eine gute Struktur: wann können wir was, wie kommunizieren – und von dieser müssen alle wissen.“
Herausforderung Pandemie
Die herausforderndste Zeit sei die Coronapandemie gewesen: „Damals haben wir alle doppelt so hart und so lang gearbeitet, jeden Tag mindestens zwölf Stunden und mehr – man hat sich auf unsere Kommunikation verlassen“, sagt Amstutz. Die Ungewissheit und die Anstrengungen teilte die ganze Nation. Geholfen haben Amstutz damals die alten noch intakten Kontakte zum Bundesamt für Gesundheit und seine Erfahrungen als Geschäftsführer der Nationalen Ethikkommission.
Netzwerk gibt Sicherheit
„Ich war gut vernetzt und informiert und die theoretische Arbeit bei der Ethikkommission hat mich auf besondere Fragestellungen vorbereitet zum Beispiel in puncto Impfstoffverteilung bei Impfstoffknappheit.“ Trotz der prekären und zweifelgeprägten Lage konnte Amstutz dadurch Ruhe bewahren und bedacht, aber sicher kommunizieren. „Und das Beste war auch damals die ausgezeichnete Zusammenarbeit im Team – dass man sich aufeinander verlassen konnte, hat uns gestärkt.“
Ausgeprägter Dialog ist fordernd
Was 2007 als one-man-show begann, wird heute von vier Personen mit total 260% Stellenprozent geregelt. „Wir sind mittlerweile eine Art Familie geworden – und werden auch verbunden bleiben, wenn ich gehe“, ist sich Amstutz sicher. Die zu bearbeitenden Themen der Kommunikationsabteilung hätten sich nicht sehr stark gewandelt, jedoch sei die Kommunikation schnelllebiger und aufwendiger geworden. „Der Dialog ist heute ausgeprägter, es kommen viel mehr Anfragen auf diversen Kanälen rein – früher war es eher eine einseitige Kommunikation seitens des Kantons – er hat informiert, wenn er bereit war.“ Die Anforderungen seien gestiegen – Kommunikation müsse heute passieren und das schnell.
Totalrevision und neue Strategie
„Ein spannendes und eher einzigartiges Projekt, das weiterhin kommunikativ zu begleiten ist, ist die noch laufende Totalrevision der Kantonsverfassung.“ Darüber hinaus habe Amstutz im Rahmen der neuen kantonalen Kommunikationsstrategie nun auch ein Social-Media-Konzept geplant. „Das war lange Zeit kein Thema und auch nicht geschätzt.“ Amstutz selbst hat dafür gekämpft, auch in diesem Bereich aktiv zu werden. Die Umsetzung der gesamten Strategie inklusive Social Media darf nun sein Nachfolger David Sacrano übernehmen.
Frischer Wind tut gut – beiden Seiten
Am meisten fehlen werden ihm die Kollegen und die Nähe zum politischen Tagesgeschehen, sagt Amstutz. Er verlässt die Behörde auf Grund einer neuen selbstständigen Tätigkeit: Bei der Ausbildung zum Mediator in 2017 hat er eine neue Leidenschaft entdeckt, die er nun vollumfänglich verfolgen will. Im Bereich Konfliktlösung und Mediation arbeitet er nun von St.Gallen aus als selbstständiger Berater in der Agentur Konsens46. „Ausserdem finde ich, dass der Kommunikationsabteilung nach 17 Jahren frischer Wind durchaus guttun kann“, sagt er und lacht. Sein Weggang fühle sich wie eine natürliche Entwicklung an. „Ich bin wirklich froh, in so einer gesunden Atmosphäre zu gehen und einen schönen Abschluss gefunden zu haben. Ich werde gehen – aber das Erreichte und die Freundschaften werden bleiben.“