«Mit diesem Projekt haben wir – die Gemeinde und der Kanton – ein Gemeinschaftsprojekt auf Konsensbasis entwickelt. Es gibt darin keine Sieger und Verlierer – wir machen das, was sinnvoll, möglich und tragbar ist», sagt Peter Künzle, Gemeinderat und Ressortchef Tiefbau/Umweltschutz bei seiner Eröffnungsrede vor rund 200 interessierten Bürgern. Allein das grosse Interesse der Bevölkerung beweist, dass dem Obstmarkt als zentralem Platz der Gemeinde eine hohe Bedeutung zukommt. Zu lang hat man vielleicht auf eine neue Gestaltung gewartet. «50 Jahre lang ist nichts passiert, nichts erneuert worden», sagt Künzle. «Mit diesem Projekt erhalten wir nach erfolgreicher Urnenabstimmung einen barrierefreien Obstmarkt und behindertengerechte Bushaltestellen.» Der Obstmarkt würde vom ruhenden Verkehr entlastet und ein attraktiver Direktzugang zur Tiefgarage realisiert. «Die Strassen fügen sich in die Umgebung ein und treten – im Rahmen der Möglichkeiten – in den Hintergrund.» So entstehe eine vielseitige und zukunftsgerichtete Nutzung der gesamten Fläche.
Einstimmigkeit zum Projekt
In einer Zusammenarbeit mit den BBZ-Landschaftsarchitekten aus Bern habe man die Gestaltung in den vergangenen vier Jahren ausgearbeitet. «Alle Vertreter und Vertreterinnen im Gremium haben sich einstimmig für dieses Projekt entschieden.» Für die bautechnischen Aspekte und deren Umsetzung, z. B. im Bereich Sanierung der Werkleitungen, sowie die Kostenaufstellung zeichnete die B3 Brühwiler AG verantwortlich. Auch Bruno Bottlang von der Atelier Bottlang AG fungierte wie auch im Projekt Bahnhofplatz Herisau als Berater und Verfahrensleiter mit den Privatgrundbesitzern.
Verkehrsfläche soll weniger dominieren
«Durch die direkte Angrenzung an die Kantonsstrasse ist die Verkehrsfläche im Bereich Obstmarkt und Platz sehr dominant», sagt Tino Buchs, Projektleiter der BBZ-Landschaftsarchitekten. «Die jetzige Topografie stellt den Verkehr in den Vordergrund.» Dies habe man im Projekt versucht abzuändern, so dass die gesamte Fläche einen Platz zum Verweilen bieten kann, auf dem man sich wohlfühlt und der wertvollen Freiraum bietet. «Dabei ist es entscheidend, den Obstmarkt und Platz als einen Gestaltungsraum anzusehen», erklärt Buchs. Das Gesamtperimeter definiere man daher um die gesamte Kirche herum.
Aus einem Guss und behindertengerecht
Die Verbindung aller Elemente versucht das BBZ durch verschiedene Massnahmen zu erzielen: «Jedes Gebäude am Obstmarkt wird Teil vom Platz werden, es gibt keine Vorräume mehr», erklärt Buchs. Treppenverbindungen seien ein weiteres zentrales Element: Die heutige Mauer zur Kirche wird mit einer Sitztreppe möbliert. Zudem soll es hinter der Bushaltestelle mit einer Treppe eine Wegverbindung Richtung Ebnet-Quartier geben, um dieses besser mit dem Zentrum zu verbinden. Die Bushaltestellen am Obstmarkt werden neu angeordnet und behindertengerecht. «Auf dem ganzen Perimeter werden das Strassengefälle und die Topografie entsprechend angepasst», erklärt Buchs.
Parkähnlicher Obstmarkt zum Verweilen
Am Regierungsgebäude tritt mit der Aufwertung der Terrasse die Ostfassade besser in Erscheinung. «Auf dem ganzen Platz wird es diverse zusätzliche Sitzgelegenheiten bei den Pflanztrögen und Brunnenbänken geben», sagt Buchs. Eine harmonische Einbettung von Sitzflächen, Brunnen, Bäumen und Stauden soll eine parkähnliche Atmosphäre schaffen und den Ort für die veränderten klimatischen Verhältnisse fit machen. Bei den Pflanzen wird auf einheimische Stauden (Fokus Biodiversität) und klimatisch nachhaltige, zukunftsfähige Amberbäume gesetzt. Die umliegende Gastronomie sei zudem massgeblich für die Belebung des Platzes. «Auf Grund der maximierten Fläche, könnten dort künftig auch grössere Anlässe stattfinden. Auch der Wochenmarkt kann mehr Stände aufbauen», sagt Buchs.
Parkplätze vor allem noch in Tiefgarage
Die Kantonsstrasse und der Kreisel werden bleiben: «Der Kreisverkehr soll jedoch so verlegt werden, dass es eine grössere Platzfläche gibt, die gestaltet werden kann», erklärt Buchs. Die neue Fläche des Platzes hebt sich vom Rest durch eine barrierefreie Pflasterstein-Fläche ab. Lediglich die Hauptstrasse und die Bushaltestellen werden betoniert bleiben. Die Parkmöglichkeiten auf dem Obstmarkt werden reduziert: Acht Kurzzeitparkplätze bleiben, die anderen fallen zu Gunsten der Flächennutzbarkeit und der Sicherheit weg.
Tiefgarage mit zentralem Aufgang und Lift
Die Tiefgarage zwischen UBS und Regierungsgebäude bleibt erhalten, wird jedoch eine zugänglichere Einfahrt bekommen, die unter der Terrasse an gleicher Stelle wie die heutige liegen wird. Der Aufgang aus der Tiefgarage wird neu direkt auf dem Platz sein und nicht wie heute über Umwege im Einkaufszentrum. «Mit dieser Lösung ist jeder direkt dort, wo er hinwill und kann sich orientieren», erklärt Buchs. Beide Geschosse der Garage werden behindertengerecht über einen Liftzugang erreichbar.
Sanierung der Werkleitungen unabdingbar
«Da diverse Werkleitungen ihre Nutzungsdauer erreicht haben und ebenfalls erneuert werden müssen, macht es Sinn, diese mit Projekt Obstmarkt und Platz auf einmal zu erneuern», erklärt Markus Brühwiler von der B3 Brühwiler AG. Die Kosten für die Erneuerung der Werkleitungen sind von den Eigentümern der Werkleitungen zu tragen. Dies ist bei grösseren Sanierungen von Strassenanlagen allgemein üblich und gemäss Strassengesetz so vorgesehen. «Sollte das Projekt Obstmarkt und Platz nicht realisiert werden, erfolgt die Sanierung gestaffelt, was zu einem für Jahre zementierten Flickwerk und zu mehr Behinderungen im Zentrum führen würde, als wenn die Erneuerung auf einmal erfolgen», erklärt er. Laut Kostenvoranschlag belaufen sich die Kosten für das gesamte Projekt auf rund 12.7 Mio. Franken. «Für eine reine Erneuerung wären dabei auch ohne den Umbau des Obstmarktes früher oder später mindestens 6 Millionen fällig», so Brühwiler weiter.
12,7 Millionen Kosten - 3,3 Millionen Zuschuss
Die Gesamtkosten werden auf drei Teilprojekte aufgeteilt: Kantonsstrasse und Entwässerung (3.9 Mio. Franken), Regierungsgebäude mit Kanzel (780‘000 Franken) sowie die Kosten von 8,03 Mio. Franken für die Platzgestaltung und Möblierung. Da die 780'000 Franken noch nicht definitiv verabschiedet sind, . Beim Gesamtprojekt werden folgende Zuschüsse in Aussicht gestellt: Rund 330’000 Franken vom Denkmalschutz und 3 Mio. Franken aus dem Agglomerationsprogramm vom Bund (Anteil Gemeinde 2 Mio., Anteil Kanton 1 Mio.).
Regierungsrat steht hinter Projekt
«Der Regierungsrat ist überzeugt vom Projekt und dem Zeitpunkt», sagt Kantonsingenieur Urban Keller. «Die Gemeinde kann von den 12,7 Millionen 3.9 Millionen abziehen, welche die Regierung bereits gesprochen hat.» Beim Regierungsgebäude stünde der Zuschuss noch aus, da es sich um nicht zweckgebundene Ausgaben handle. «Aber der Regierungsrat setzt alles daran, dass der Kanton diese 780'000 Franken sprechen kann.» Dafür müsse zunächst der Bruttofinanzierung zugestimmt werden. Keller ist guter Dinge, dass der Kredit dann gesprochen wird: Er appelliert an die Bevölkerung: «Tragen Sie das wertvolle Projekt mit. Die Bauarbeitszeiten werden nicht schön werden, es wird Einschränkungen geben - aber es wird sich lohnen!»
Fragen aus dem Publikum
Das Interesse des Publikums am Projekt war gross, weshalb die Fragerunde im Anschluss rund eine Stunde dauerte. Unter anderem waren Geschwindigkeitsbegrenzungen ein Thema in puncto Verkehrsberuhigung und Sicherheit. Dies sei jedoch unabhängig vom Projekt zu betrachten und anzugehen, sagen Keller und Gemeinderat Künzle. Ebenso wurde gefragt, was mit den Parkplätzen neben dem Regierungsgebäude passiere. «Diese werden zu Kurzparkplätzen – zudem hat es einen Behindertenparkplatz», erklärt Buchs. Besonders negativ aufgestossen ist einem Anwohner, dass die Durchfahrt zwischen Regierungsgebäude und Claro-Laden nicht mehr möglich sein wird. Er als Ladenbesitzer in dieser Ecke fürchte dadurch Einnahmeeinbussen.
Gemeinderat beantwortet Fragen auf dem Obstmarkt
Der Gemeinderat wird am 6. April und 4. Mai von 9:30 – 12:30 Uhr auf dem Obstmarkt offene Fragen der Bürgerinnen und Bürger beantworten. Das Projekt gelangt am 9. Juni 2024 zur Volksabstimmung an die Urne. In seinem Schlussplädoyer zum Abend formuliert Gemeindrat Künzle: «Lassen Sie uns das Projekt angehen. Wir sind jetzt parat und haben jetzt die Chance abzustimmen – sonst stellt der Kanton die Bushaltestellen dahin, wo er will. Heute können wir im Rahmen des Projekts bestimmen», appelliert ein letztes Mal ans Publikum, bevor er allen einen guten Heimweg wünscht.