Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Wirtschaft
12.04.2025
15.04.2025 08:19 Uhr

Börsen auf Zollstreit-Achterbahn

Befürchtungen eines globalen Handelskriegs, ausgelöst durch die US-Zölle, drückten laut Christopher Chandiramani auf die Stimmung. Bild: Linth24
Zollstreit mit den USA liess Nervosität steigen. Tages-Volatilität stieg auf 5 bis 8 Prozent. SMI minus 3.5 Prozent: 11'240 Punkte. Dollar und Euro auf Mehrjahrestiefst zu Franken.

Der Handelsstreit zwischen den USA und dem Rest der Welt war das Hauptthema an den Börsen. Die USA teilte am Donnerstag mit, dass sich die Zölle gegen China neu auf insgesamt 145 Prozent belaufen und nicht nur 125 Prozent, wie vorher festgelegt. Die etwas besser als erwartet ausgefallene Entwicklung der Verbraucherpreise im März fand kaum Beachtung. Die von US-Präsident Trump am Mittwoch überraschend angekündigte Zollpause beförderte die Aktien wieder nach oben. Trump setzte dann bestimmte, soeben in Kraft getretene Zölle für drei Monate aus. Während dieser Zollpause solle ein universeller Satz in der Höhe von 10 Prozent gelten, aber nicht für China: Auf chinesische Einfuhren erhöhte dagegen Trump den Zoll mit sofortiger Wirkung auf insgesamt 125 Prozent. China erhöht Gegenzölle auf 125 Prozent. Die EU verschiebt ihre Zölle.

Die Inflationsdaten in den USA (März 2025) waren niedriger als erwartet. Anstelle eines erwarteten Anstiegs von 0.1 Prozent gegenüber dem Vormonat gingen die Preise um 0.1 Prozent zurück. Im Jahresvergleich sank die Inflationsrate von 2.8 auf 2.4 Prozent. Das ergibt Druck auf die Geldpolitik des FED, aber noch mehr der SNB wegen des starken Frankens.

Bei den meisten Kantonen sprudeln die Steuereinnahmen. Einige Finanzdirektoren hatten sich wiederum um mehrere Hundert Millionen Franken verschätzt, zu negativ budgetiert. Beispiele: Genf fuhr satte 541 Mio. Gewinn ein, Zug weist 310 Mio. Überschuss aus, Luzern ist 293 Mio. im Plus. Baselland machte 157 Mio. vorwärts, Zürich 150 Mio. und im Aargau sind es noch immer CHF 144 Mio.

Die Schweiz baut ihr Netz an Freihandelsabkommen weiter aus. Zusammen mit den anderen EFTA-Staaten hat sie mit Malaysia ein Abkommen abgeschlossen, dieses Land ist die fünftgrösste Volkswirtschaft in Südostasien.

Unternehmensnachrichten

Der Basler Pharmariese Novartis will 23 Milliarden Dollar in US-Standorte investieren. Novartis plant sieben neue Produktionsstätten und den Ausbau bestehender Werke. Die Ankündigung folgt auf Trumps Drohung mit hohen Zöllen für die Pharmaindustrie bzw. Importe aus der Schweiz und Europa.

Der Schokoladenhersteller Barry Callebaut meldet für das erste Halbjahr 2024/25 (per 28. Februar) einen 57 Prozent höheren Umsatz von CHF 7.3 Mrd., was durch den fast verdoppelten Kakaobohnenpreis mitverursacht wurde. Die Verkaufsvolumen gingen aber 4.7 Prozent zurück. Der Reingewinn brach um 60 Prozent auf CHF 30.5 Mio. Fr. ein. Beispiellose Preisschwankungen am Kakaomarkt haben dem weltgrössten Schokoladenhersteller Barry Callebaut das Halbjahresergebnis versalzen. Das Unternehmen verkündete Gegenmassnahmen, doch die Investoren waren bereits erschrocken.

Der Vermögensverwalter GAM und der Rückversicherer Swiss Re gehen eine Anlagekooperation ein. Eine Tochter von Swiss Re wird Co-Investment-Manager im Bereich Katastrophenanleihen und Insurance Linked Securities. GAM ist für Risikomanagement und Vertrieb zuständig.

Der Genfer Aromen- und Duftstoffhersteller Givaudan erzielte im ersten Quartal einen Umsatz von CHF 1.98 Mrd. – das sind 8.5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Im laufenden Jahr dürften die Inputkosten steigen und sollen über Preiserhöhungen an die Kunden weitergegeben werden. Gewinnzahlen werden in ungeraden Quartalen nicht publiziert.

Das für die Abspaltung vorgesehene US-Geschäft von Holcim hat eine Anleihe über USD 3.4 Mrd. begeben. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur geplanten Kotierung in den USA, teilte die neue, unter dem Namen Amrize auftretende Gesellschaft mit. Die Anleihe wurde mehr als viermal überzeichnet. Sie besteht aus vier Tranchen: USD 700 Mio. mit Laufzeit zwei Jahre, USD 700 Mio. mit Laufzeit drei Jahre sowie je USD 1 Mrd. mit fünf und mit zehn Jahren Laufzeit. Von der kürzesten bis zur längsten Laufzeit lauten die Zinsen 4.6 und 4.7 sowie 4.95 und 5.4 Prozent.

Der Zuger Verbindungstechnikanbieter Bossard meldet für das erste Quartal einen Umsatz von CHF 284 Mio. Im Vergleich zur Vorjahresperiode entspricht dies einer Steigerung um 10.3 Prozent. Organisch (ohne Akquisitions- und Währungseffekte) resultiert ein Rückgang um 1.6 Prozent. Wegen unsicherer Zukunft äusserte sich das Management nicht zu den Aussichten.

Aussichten

Zurzeit finden fundamentale Entwicklungen wenig Beachtung. Die Investoren schauen auf den Handelsstreit und haben Befürchtungen bezüglich einer Ausweitung oder einer weltweiten Rezession. Sicher gibt die neunzigtägige Zollpause zeitlichen Spielraum für Verhandlungen. Aber die Zukunft bleibt unsicher, auch wenn sich die Börsen allmählich eher beruhigen. Aus analytischer Sicht ist es jedoch absurd, Steuern durch Importzölle zu ersetzen. Das hat noch nie funktioniert und wirkt inflationär und birgt Rezessionsgefahren in sich. Zudem haben die USA auch Geburtenschwund und Fachkräftemangel. Universitäten und Forschung werden behindert. Staatsbeamte, welche die Zölle hätten eintreiben sollen, werden entlassen. Latinos, die eher unqualifizierte Arbeiten erledigen, werden des Landes verwiesen. Sehr gefährlich sind Marktmanipulationen. Volatilität reizt die Spekulanten, welche mit Optionen, Termingeschäften und Leerverkäufen viel Geld verdienen.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Herisau24