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05.07.2025
09.07.2025 11:51 Uhr

«Weibelhaus»: in drei Tagen von Waldstatt nach Gossau

Ein Prunkstück: Das «Weibelhaus» mit dem Erkertürmchen an der Herisauerstrasse in Gossau. In der Mitte der Fassade prangt das Porträt von Johannes (Bot) Künzle (1749–1820). Er war Führer der Volksbewegung in der Alten Landschaft der Fürstabtei St.Gallen. Bild: gossau24.ch / Claudia Vamvas
Was macht ein Appenzellerhaus mitten im Gossauer Zentrum? Die Geschichte des «Weibelhauses» beginnt mit einem verheerenden Dorfbrand – und einem spektakulären Hausumzug in nur drei Tagen.

Manche wissen es vielleicht, anderen ist es möglicherweise einfach aufgefallen: Das «Weibelhaus» an der Herisauerstrasse 4 im Zentrum von Gossau unterscheidet sich in der Bauweise von seinen Nachbarn. Tatsächlich handelt es sich um ein Appenzellerhaus, das ursprünglich in Waldstatt stand. Nach dem verheerenden Dorfbrand vom 17. Juli 1731 im Gossauer Zentrum, bei dem die Kirche, das Pfarrhaus und ein Teil des Dorfes niederbrannten, wurde es von Weibel Bonaventura Klingler in der Waldstatt abbauen und in Gossau wieder aufbauen lassen. Innerhalb von drei Tagen war das Haus mit allem Zubehör in Gossau. Acht Wochen nach dem Brand konnte er mit seiner Familie einziehen. Später wurde in diesem Haus die fürstäbtische Postablage von Gossau untergebracht.

In den «Oberberger Blättern» 2006/2007 findet sich im Artikel «Ulrich Heims Bericht vom Brand und Kirchenbau zu Gossau 1731» von Markus Kaiser folgender Text:

«Der erste, so widerumb hat angefangen zu bauen, bin ich Weibel Bonaventura Klingler gewesen. Dan grad 8 Tag nach der leidigen Brunst hab ich in der Waldstatt im Appenzellerland von Haubtman Steger mein dismahliges Haus umb hundert Speciesduplonen gekaufft, und hierhar und auf den alten Platz setzen lassen. Die Ehrtagner, so mir gar willig an die Hand gegangen, haben das Haus samt aller Zugehörd in 3 Tagen hierhar geführt. Die Arbeit ist wacker von statten gegangen, dass wir in 8 Wochen nach der Brunst wider in das neüe Haus haben ziehen können. Gott segne darinen uns und unsere L. Kinder.»

Neben seinem aussergewöhnlichen Umzug hat das «Weibelhaus» noch mehr spannende Geschichten zu erzählen: So wurden 2011 Wandmalereien aus dem 18. Jahrhundert entdeckt. Diese wertvollen Kunstschätze können im Rahmen einer Führung besichtigt werden.

Claudia Vamvas