Die Bühne der Alten Stuhlfabrik in Herisau hatte sich an diesem Abend in eine gemütliche «Schtobe» verwandelt: mit einem Holztisch, Schrank, Bänkli, mit Sesseln und Kerzenlicht. In dieser Atmosphäre startete die erste «Mundartschtobe» mit dem Ziel, den Dialekt zu pflegen und lebendig zu halten. Das Publikum hörte in den ganz unterschiedlichen Lesungen fast vergessene Wörter und auch die Schimpfwörter kamen nicht zu kurz. Auf Philipp Langeneggers Frage, wer aus dem Publikum denn auch ein nächstes Mal dabei wäre, schossen die Hände sofort in die Höhe.
Stuhlfabrik: «Mundartschtobe» mit gelungener Premiere



Die Gäste des Abends
Der «Heimweh-Appenzeller» Willi Näf aus Schwellbrunn lebt seit Langem im Baselbiet. Der Satiriker und Autor, unter anderem bekannt von seinen Kinderhörspielen auf SRF, trug bitterböse, schwarzhumorige Texte vor, die an Poetry Slam erinnerten – mal ging es um Autonummern aus AI, mal um einen vollautomatisierten Stall und er sparte auch nicht mit Seitenhieben gegen Bewohner/-innen aus anderen Kantonen.

Die Urnäscher Autorin, Geschichtenerzählerin und Journalistin Esther Ferrari las einige Verse aus ihrem neuen Kinderbuch «De Tuume macht, wa n er will» und erzählte eine lebendige Alltagsgeschichte mit ihren Enkelkindern als Protagonisten. In der zweiten Runde ging es in einem nachdenklicheren Text um das Alleinsein – natürlich alles in Mundart vorgetragen.

Ueli Bietenhader, ehemaliger Lehrer und Musikpädagoge aus Altstätten mit Ausserrhoder Wurzeln, las aus seinem Buch «Roote Holder». Seine Kindheitserinnerungen, in denen es unter anderem um Ferien bei der Tante ging, waren – obwohl aus einer ganz anderen Zeit – doch zeitlos und mit viel Humor und feinem Beobachtungssinn erzählt.

Anita Glunk, Autorin und Theaterautorin aus Gais, las eine Geschichte über die Entstehung eines Hackbretts aus Sicht des Holzes und beschrieb in einem zweiten Text sehr treffend den Charakter des Appenzeller Bläss. Sie ist zudem Autorin des Bühnenstücks «Rossfall», eines heimatlichen Dramas, das im November in der Stuhlfabrik auf die Bühne kommt.

Für musikalische Zwischentöne sorgte Hans Sturzenegger aus Speicher am Hackbrett. Mit seinen Witzen brachte er das Publikum zudem immer wieder zum Lachen. Bei zwei Liedern stimmten die Besucherinnen und Besucher spontan mit ein, was dem Abend eine ganz besondere Stimmung verlieh.

Die Premiere der «Mundartschtobe» überzeugte mit Vielfalt, Humor und Heimatgefühl. Heitere, freche, nachdenkliche und berührende Texte trafen auf eine gemütliche Atmosphäre und typische Mundartklänge – eine Mischung, die das Publikum direkt ansprach. Bei einzelnen Dialektwörtern ging ein Raunen durch den Saal und man konnte hören, wie manche sie leise wiederholten – wie eine längst vergessene Erinnerung, die plötzlich zurückkehrt. «So vieles geht verloren. Schön, dass sich jemand des Themas annimmt», sagte eine Besucherin nach der Vorstellung. Schon jetzt darf man gespannt sein, welche Stimmen, Dialekte und Geschichten die nächsten Veranstaltungen bereichern werden.