Ausserrhoden mit Stabilisierungsprogramm
Für den Ausserrhoder Finanzdirektor Paul Signer sind Steuererhöhungen nur die «Ultima Ratio». Die Corona-Pandemie wirkt sich im Kanton Appenzell Ausserrhoden auf die Staatsrechnung 2020 aus: Verglichen mit dem Voranschlag 2020 betragen die Ausfälle bei den Steuererträgen bei der Rechnung 2020 total 6,8 Millionen Franken (Stand 8.2.2021). «Bei den juristischen Personen beträgt der Rückgang gegenüber dem Vorjahr fast 30 Prozent, das heisst mehr als vier Millionen Franken», so Signer. «Bei den Unternehmen schlagen hier die Mindereinnahmen infolge der Corona-Krise voll zu Buche.» Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Kanton den Unternehmen bereits für die Rechnung 2019 finanziell entgegenkommen ist. «Bei den natürlichen Personen werden wir nach unserer Planung nächstes Jahr wieder das Niveau von 2019 erreicht haben oder übertreffen», hält Signer fest. «Wir gehen davon aus, dass bei den juristischen Personen die Erholung länger braucht und das Niveau von 2019 erst 2024 erreicht wird.»
In Zahlen ausgedrückt dürften sich die Ausfälle hier bis und mit 2023 auf gesamthaft rund sieben bis acht Millionen Franken belaufen – vorausgesetzt, es gibt keine dritte Corona-Welle. Auch ohne Corona-Krise steigt die Ausserrhoder Verschuldung gemäss dem Finanzplan weiter an. Die Regierung hat deshalb bereits 2019 ein Stabilisierungsprogramm im Umfang von neun Millionen Franken festgelegt. Erste Massnahmen sollen in den Voranschlag 2022 einfliessen. Klar ist aber auch: Bei den Investitionsprojekten soll nicht gespart werden.
Kein Handlungsbedarf in Appenzell Innerrhoden
Appenzell Innerrhoden rechnet im Gegensatz zu den anderen drei Ostschweizer Kantonen beim Budget 2021 nicht mit coronabedingten Mindereinnahmen bei den Unternehmenssteuern. So rechnet Innerrhoden beim Budget 2021 aktuell mit einem Plus von 1,4 Millionen Franken. «Wir haben mit rund einem Prozent Arbeitslosen eine Vollbeschäftigung», erklärt der Innerrhoder Säckelmeister (Finanzdirektor) Ruedi Eberle. «Im Weiteren klagen die Unternehmen über keine grossen Umsatzeinbussen.» Auch in den Planjahren 2022 bis 2025 seien keine coronabedingten Ertragsausfälle bei den Steuern mitberücksichtigt. Die Steuerentlastungen aufgrund der Unternehmensreform STAF hingegen seien ins Budget 2021 mit eingeflossen.
Wie Appenzell Ausserrhoden droht aber auch Appenzell Innerrhoden infolge von verschiedenen geplanten grossen Investitionen die Verschuldung. «Der Stopp des Bauprojekts AVZ+, also des geplanten Ambulanten Versorgungszentrums Plus, wird die Verschuldungsproblematik aber entschärfen», betont Eberle. Das Spitalprojekt im Umfang von 41 Millionen Franken wurde von der Regierung im November 2020 gestoppt. Das letzte Wort dazu hat die Landsgemeinde. Aktuell seien auch in Appenzell Innerrhoden keine Steuererhöhungen geplant. «Im Rahmen des laufenden Budgetprozesses setze sich die Standeskommission (Regierung) mit der prognostizierten Verschuldung auseinander.
Sparpakete in St.Gallen
2021 rechnet St.Gallen mit einem Defizit von gut 32 Millionen Franken – allerdings nur dank einem grosszügigen Griff ins Eigenkapital, sonst wäre das Defizit um ein Vielfaches höher.
Die Einnahmen aus den Unternehmenssteuern reduzieren sich im 2021 voraussichtlich um rund 144 Millionen Franken. Dies insbesondere aufgrund von beträchtlichen Mindereinnahmen aufgrund der nationalen Unternehmenssteuerreform (STAF). «Die mutmasslichen Ausfälle alleine aufgrund der Corona-Pandemie betragen voraussichtlich 29 Millionen Franken oder rund elf Prozent», bilanziert Mächler. Düster sieht auch der aktuelle Finanzplan aus. So rechnet St.Gallen ab 2022 mit happigen operativen Defiziten zwischen 160 und 220 Millionen Franken.
Mit Sparpaketen von insgesamt bis zu 160 Millionen Franken will die Regierung die Kantonsfinanzen wieder auf Kurs bringen. Die Projektarbeiten dazu sind angelaufen. «Auf eine allgemeine Steuerfusserhöhung soll hingegen verzichtet werden», erklärt Marc Mächler. Der Kantonsrat werde die Massnahmen des ersten Sparpakets im Umfang von bis zu 120 Millionen Franken voraussichtlich zusammen mit dem Budget 2022 beraten.
Thurgau geht neue Wege
Auch der Thurgau hat bereits einige Sparpakete hinter sich. Aktuell ist kein weiteres geplant, obwohl sich die CoronaPandemie bei den Unternehmenssteuern bereits auf die Staatsrechnung 2020 auswirkt: Der Thurgauer Regierungsrat hat Anfang April 2020 nämlich als eine der wenigen Regierungen entschieden, dass Unternehmen, die von den Corona-Massnahmen besonders betroffen sind, in der Jahresrechnung 2019 eine Pandemie-Rückstellung machen konnten. «Davon haben bereits viele Unternehmen Gebrauch gemacht», so Finanzdirektor Urs Martin. «Darüber hinaus kennt der Thurgau als einziger Kanton den Verlustrücktrag», so Martin weiter. Danach können Verluste aus dem Jahre 2020 auf ein positives Ergebnis im 2019 zurückgetragen werden. «Neben den coronabedingten Umsatz- und Gewinnrückgängen dürften diese beiden Massnahmen Einfluss auf die Rechnung 2020 haben», hält Martin fest.
Für 2021 rechnet der Finanzdirektor mit einem «sehr herausfordernden» Jahr für den Thurgau. Aufgrund der Konjunkturaussichten des Bundes gehe er aber für die kommenden Jahre von einer Stabilisierung der Steuereinnahmen der juristischen Personen aus. Auf Stufe Kanton seien im Thurgau aktuell keine Steuererhöhungen geplant, weder bei Unternehmen noch bei Privatpersonen. «Das wäre das falsche Signal in der aktuellen Krise», betont Martin.
Luft nach oben bei der Steuerattraktivität
Die Corona-Pandemie wirkt sich bei den Ostschweizer Kantonen also unterschiedlich auf die Staatsrechnungen aus. Ertragsausfälle infolge der nationalen Steuerreform verzeichnen aber alle – zumal auch die hiesigen Kantone im Zuge der Reform die Gewinnsteuersätze bei den Unternehmen weiter gesenkt haben (siehe Grafik). Hier liegt der Kanton St.Gallen mit einer Gewinnsteuerbelastung von 14,5 Prozent unter dem schweizerischen Durchschnitt von 15 Prozent, liegt im nationalen Ranking aber hinter dem Thurgau und beiden Appenzell. «Bezüglich Wachstum der Gewinne der juristischen Personen liegt St.Gallen gesamtschweizerisch auf dem dritten Platz», hält Finanzdirektor Marc Mächler fest. Aktuell gebe es keinen Spielraum für weitere Senkungen bei den Unternehmenssteuern.
Im Thurgau ist der Gewinnsteuersatz abhängig vom Firmensitz. Im nationalen Ranking befindet sich der Thurgau mit 13,4 Prozent (Frauenfeld) aktuell auf Platz zehn und somit vor dem Kanton St.Gallen. Für Finanzdirektor Urs Martin eine attraktive Position: «Es ist ja nicht unser Anspruch, zu den Top3-Tiefsteuerkantonen bei den juristischen oder bei den natürlichen Personen zu gehören.» Im Ostschweizer Ranking liegt Appenzell Ausserrhoden beim Gewinnsteuersatz für Unternehmen auf Platz 2. «Ausserrhoden gehört mit 13,04 Prozent nach wie vor zur Spitzengruppe», freut sich Finanzdirektor Paul Signer. Im nationalen Ranking belegt der Kanton aktuell Platz acht. Ziel sei, diese Position auch künftig zu halten. Spitzenreiter beim Gewinnsteuersatz ist bei den Ostschweizer Kantonen weiterhin Appenzell Innerrhoden mit aktuell 12,66 Prozent. National belegt der Kanton den fünften Platz – und das soll auch so bleiben. «Innerrhoden bleibt für Unternehmen attraktiv», sagt Finanzdirektor Ruedi Eberle. Es drängten sich deshalb keine weiteren Anpassungen auf. «Wir wollen attraktiv sein, ohne den Steuerwettbewerb anzuheizen.»