- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Es war der Aufreger der Osterwoche: Christian Levrat, Freiburger Ständerat und ehemaliger Präsident der SP Schweiz, wird Verwaltungsratspräsident der Post, auch bekannt als gelber Riese. Damit wird der Berufspolitiker und Antikapitalist Levrat, dessen Partei permanent eine klassenkämpferische Umverteilungspolitik gegen die «Reichen» führt, nicht nur zum kapitalistischen Grossverdiener, sondern auch zum obersten Strategen eines Konzerns mit rund 60'000 Mitarbeitern und einem Betriebsertrag (2019) von 7.164 Milliarden Franken.
Blick in helvetische Abgründe
Die Skandalberufung wirft eine Reihe von Fragen auf und sie lässt tief in helvetische Abgründe blicken:
1. Ist die Schweiz eine Bananenrepublik?
Der Fall Levrat lässt leider keinen anderen Schluss zu. Wäre er in der Demokratischen Republik Kongo oder in Russland aufgetreten, so würden wir mit dem Finger auf diese Länder zeigen. Immerhin passt die Farbe: Wir dürfen getrost vom «bananengelben Riesen» sprechen.
2. Zählt in Bundesbern das bürgerliche Leistungsprinzip?
Offenbar nicht. Bei vom Staat kontrollierten Betrieben wie der Post finden keine stufengerechten Assessments nach knallharten Qualitätskriterien statt, sondern es zählt einzig das Parteibüchlein. Levrats Vorgänger heisst Urs Schwaller, war ebenfalls Freiburger Ständerat, ist Mitglied der CVP – und wurde von der damaligen CVP-Bundesrätin Doris Leuthard eingesetzt. Dieses parteipolitische Vitamin B in solch hohen Dosen ist tödlich. Für eine funktionierende Betriebskultur – und letztlich für das Vertrauen in Politik und Bundesrat. Das zeigt die Affäre um die betrügerischen Abrechnungen der Postauto AG. Statt hier endlich Remedur zu schaffen, wird die schädliche Vetterliwirtschaft munter fortgeführt. Statt unter CVP- bzw. Mitte-Vorzeichen jetzt einfach unter dem Logo der SP.
3. Sitzen im Bundesrat eigentlich nur Kopfnicker?
Dieser Eindruck drängt sich im vorliegenden Fall auf. Denn auch wenn Levrat Sommarugas Kandidat ist, so kann sie ihn doch nicht allein durchboxen. Der Bundesrat als Gremium muss das Spiel mitspielen. Da ist dringend mehr Widerstand gefordert, auch und gerade von den vier Bundesräten der SVP und der FDP. Es braucht ein neues, seriöses Auswahl- und Ernennungsverfahren, das auf betriebswirtschaftliche Fähigkeiten setzt und nicht auf parteipolitische Gesinnung. Nur schon die Tatsache, dass man dies überhaupt feststellen und fordern muss, belegt, wie absurd das Ganze ist.
Levrat als Privatisierer? Ein Aprilscherz
Neben diesen grundsätzlichen stellen sich auch ganz konkrete strategische Führungsfragen. Zum Beispiel diese: Die Post will ihre Postfinance privatisieren. Ihr neuer Präsident Christian Levrat und seine Partei, die SP, wollen das aber auf keinen Fall, wie Levrat persönlich wiederholt deutlich gemacht hat. Er will aus der Postfinance sogar eine «Klimabank» machen.
Nächstes Debakel programmiert
Solche fundamentalen Zielkonflikte sind die unweigerliche Folge, wenn Parteipolitik und nicht Qualität und Leistung über die Besetzung von Topstellen entscheiden. Wird diese untaugliche Praxis jetzt nicht subito korrigiert, ist das nächste Debakel an der Spitze der Bundesbetriebe programmiert. Egal, ob der Profiteuer von links oder von rechts kommt.