Bereits mehrere Hundert Avatare behandelt
Damit die Dosierung aber nicht nur sicher ist, sondern auch den gewünschten Effekt erzielt, kann der in silico-Zwilling zudem physiologische und psychologische Rückmeldungen von realen Patienten erhalten. Hierzu gibt der Mensch beispielsweise Auskunft, ob und in welcher Intensität er den Schmerz weiterhin wahrnimmt. Von besonderem Interesse ist hierbei die Länge der schmerzfreien Zeit.
Und weil nicht jeder Tag ein guter Tag ist, und das Leben voll von unvorhergesehenen Ereignissen, variiert auch die effektive Schmerzempfindung der Betroffenen viel stärker, als dass ein Arztbesuch alle zwei Wochen darauf eingehen könnte. «Mit diesem Feedback des Menschen kann der Avatar die Therapie dynamisch anpassen und den Verlauf sogar vorhersagen», sagt Empa-Forscherin Flora Bahrami. Künftig sollen Sensoren auch weitere physiologische Parameter wie Herzschlag oder Atmungsfrequenz in Echtzeit messen und an den Avatar zurückmelden.
Im Kantonsspital St.Gallen getestet
In Testphasen wurden bisher mehrere Hundert derartig personalisierte Avatare geschaffen und individuelle Therapieabläufen gemeinsam mit dem Kantonsspital St.Gallen virtuell getestet. «Wir konnten bereits zeigen, dass sich die optimalen Behandlungsprogramme für Frauen und Männer sowie für jüngere und ältere Menschen deutlich voneinander unterscheiden», so Bahrami.
Die Schmerztherapie durch transdermal wirkende Pflaster ist hierbei erst der Anfang der Avatar-assistierten Behandlung: In Zusammenarbeit mit Kliniken und Spitälern wollen die Empa-Forscher nun weitere Therapien wie die Insulingabe bei Diabetes durch digitale Zwillinge optimieren.
Digitalisierung gegen Food-Waste
Digitalisierung kann nicht nur in der Medizin grosse Fortschritte ermöglichen, sondern auch in anderen Bereichen – etwa in der Lebensmittel-Technologie. Erst kürzlich wurde das Empa-Team um Thijs Defraeye mit einem Preis der «Inclusive Growth and Recovery Challenge» von data.org ausgezeichnet. Die hochdotierte Auszeichnung wird von der «Rockefeller Foundation», und dem «Mastercard Center for Inclusive Growth» gestiftet. Ziel des gemeinsamen Projekts mit der Stiftung BASE («Basel Agency for Sustainable Energy»): Über Computermodelle und mobile Apps eine nachhaltige Landwirtschaft fördern und die ökologische und ökonomische Situation für landwirtschaftliche Kleinbetriebe in Entwicklungsländern verbessern.