Warum haben Sie sich für dieses Amt zur Verfügung gestellt?
Kaesler: "Ich wurde von drei Seiten angefragt, ob ich es mir vorstellen könnte, dieses Präsidenten-Amt zu übernehmen. Ich musste nur kurz überlegen, da ich selbst als Seelsorger am Psychiatrischen Zentrum in Herisau im letzten halben Jahr seitdem ich diese Tätigkeit als Psychiatrie-Seelsorger ausübe, gute Einblicke in die sehr wertvolle Arbeit der Klinik gewonnen habe. Der Kontakt zu den PatientInnen ist mir dabei in kurzer Zeit ans Herz gewachsen. Und es treibt mich die Frage um, wie man diesen Menschen in ihrer Lebenssituation gut und nachhaltig helfen kann. - Meinem Vorgänger, Dr. Axel Weiss, gilt ein grosser Dank für seine Arbeit, aber auch dem ganzen Vorstand des Hilfsvereins für das Engagement."
Welche Aufgaben haben Sie im Hilfsverein?
Kaesler: "Der Hilfsverein kann auf eine beeindruckende Tradition und einen grossen Leistungsausweis von vielen Engagierten zurückblicken. So ist er einerseits prägend gewesen für die Bewusstseinsbildung, dass eine psychische Erkrankung eine Krankheit wie andere auch ist und hat damit einen wesentlichen Anteil für die Entdämonisierung psychischer Krankheiten. Der Hilfsverein hat zudem viele Institutionen ins Leben gerufen, die der psychischen Heilung dienen, so zum Beispiel das Psychiatrische Zentrum in Herisau, die 'Alkoholfürsorge', heute ist das die Beratungsstelle für Suchtfragen oder Wohnheime. - Dem Hilfsverein geht es darum, zu schauen, wie ergänzend und unterstützend Hilfe geleistet werden kann, wie Lücken entdeckt und gefüllt werden können. Wichtig ist für den Hilfsverein aber auch die Aufklärung und die Bildungsarbeit."
Welches Projekt gibt es derzeit?
Kaesler: "Der Hilfsverein arbeitet derzeit an der Frage, wie Kinder von psychisch kranken Eltern am besten Unterstützung erhalten können. Denn die Kinder fallen nicht selten aus dem Fokus heraus und leiden sehr unter der psychischen Erkrankung der Eltern. - Dabei ist der Hilfsverein derzeit in der Recherche-Phase und verschiedene Modelle der Umsetzung liegen derzeit auf dem Tisch."
Welche Perspektive hat der Hilfsverein in der heute immer komplexer werdenden Welt?
Kaesler: "Der Hilfsverein hat natürlich aufgrund seiner regionalen Ausrichtung Grenzen. Dies wird immer mehr deutlich, wo doch viele Institutionen nach Vernetzung oder Zusammenschluss schauen, da der Druck nach einer immer grösseren Professionalisierung hohe Ressourcen verbraucht. Er möchte jedoch nach wie vor Psychischkranken in Einzelsituationen schnell und unbürokratisch helfen. Und dies ist sehr aktuell. Auch ist der Hilfsverein weiterhin Lobby für Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Denn eine psychische Erkrankung wird noch immer abgetan und manchmal nicht ernst genommen. Als Drittes wird der Hilfsverein auch weiterhin Projekte lancieren oder sich an bestehenden Projekten beteiligen. Der Hilfsverein ist zudem auch auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen."
Welche Motivation ziehen Sie aus Ihrer Tätigkeit?
Kaesler: "Ich finde es spannend, in diesem ehrenamtlichen Arbeitsfeld ganz konkret etwas bewirken zu können, um die offensichtliche Not zu lindern. Wenn dann psychischkranken Menschen geholfen werden kann, ist das für mich eine sehr schöne Belohnung."
Herr Kaesler, vielen Dank für das Gespräch.